Thomas Commerford Martin & Nikola Tesla: «The Inventions, Researches and Writings of Nikola Tesla» (New York: The Electrical Engineer, 1894)
Erworben im Jahr 2021
Erworben im Jahr 2021
Dieses Buch ist eine erhellende Ergänzung des Bibliotheksbestandes zur Geschichte der Elektrotechnik.
Nikola Tesla (1856–1943), gleichzeitig Mitautor und Gegenstand des Buchs, wurde 1856 in Smiljan in Österreich-Ungarn geboren. Nach seinem Studium in Graz ging er auf Reisen, arbeitete in Paris für die Continental Edison Company und wanderte 1884 in die Vereinigten Staaten aus. Dort erlangte Tesla innerhalb eines Jahrzehnts unermüdlicher Erfindungsarbeit eine bemerkenswerte Berühmtheit für seine elektrischen Geräte. Nach seinem Tod im Jahr 1943 verschwand er jedoch aus der öffentlichen Erinnerung. Erst mit der zunehmenden Verbreitung elektronischer Geräte in unserem täglichen Leben – und nicht zuletzt mit dem Aufkommen einer bekannten Marke von Elektrofahrzeugen, die allerdings neben dem Namen nichts mit ihm gemein hat – ist Tesla wieder zu einer geläufigen Figur geworden.
Teslas Karriere fiel mit dem Ende der Epoche der grossen «wissenschaftlichen Schausteller» in den Vereinigten Staaten zusammen. Dieses Buch entstand sowohl aus dem Wunsch heraus, sich selbst zu publizieren, als auch einen wertvollen Beitrag zum Fortschritt der Elektrotechnik zu leisten. Im Ergebnis ist ihm beides gelungen. In seinen 43 Kapiteln bietet das Buch einen Überblick über das erstaunliche Ausmass seiner frühen Arbeit. Dazu gehören ausgewählte Abschriften von Teslas Vorlesungen bis hin zu den Einzelheiten seiner Entwürfe für verschiedene elektrische Geräte und die Prinzipien, die hinter deren Funktion stehen.
Im späten 19. Jahrhundert befand sich das Patentrecht noch in der Entwicklung, und Teslas Zeitgenossen, wie z. B. sein einstiger Mentor Thomas Edison (1847–1931), waren ständig in Streitigkeiten um Rechte an Erfindungen wie der Glühbirne oder dem Mikrofon verwickelt. Dieses Buch stellt daher eine sehr notwendige Absteckung seines Territoriums dar, bei der er vom Elektroingenieur und erfahrenen Herausgeber Thomas Commerford Martin (1856–1924), unterstützt wurde.
Das Jahr der Vorbereitung des Buches, 1893, war ein wichtiges Jahr für Tesla. Zusammen mit dem Industriellen George Westinghouse (1846–1914) hatte er ein Angebot von Edison für die elektrische Beleuchtung der Weltausstellung in Chicago unterboten. Dies war ein Schlüsselmoment im so genannten «Krieg der Ströme». Edison drängte auf ein Stromnetz, das mit Gleichstrom (DC) betrieben wurde, und Westinghouse auf Wechselstrom (AC). Teslas Erfindungen machten den Wechselstrom praktikabler und schufen einen Präzedenzfall, der zum Standard für das amerikanische Stromnetz wurde und bis heute gilt. Es war eine technische Meisterleistung, die die Besucher der Messehallen in Erstaunen versetzte. Unter den Besuchern war L. Frank Baum (1856–1919), der sich von dieser Erfahrung zu der Smaragdstadt in seinem 1900 erschienenen Roman «Der Zauberer von Oz» inspirieren liess.
Ob Tesla die Inspiration für den Zauberer selbst war, ist fraglich, doch wie die reichhaltigen und detaillierten Illustrationen des Bandes zeigen, hätte man ihn leicht für einen solchen halten können, wenn er von springenden Lichtbögen und leuchtenden Kugeln umgeben war.
Dieses Buch, Teslas erstes Buch über Technik, inspirierte viele spätere Erfinder, wie z. B. Edwin Armstrong, den Erfinder des UKW-Radios. Er beschrieb die Lektüre dieses Buches als «tiefgreifend und entscheidend». Es ist zu hoffen, dass auch dieses Exemplar einen solchen Einfluss haben wird, wenn es seinen Platz neben Werken von Boyle, Franklin, Priestley und Dal Negro in der gut etablierten Sammlung der Eisenbibliothek zur Geschichte der Elektrotechnik einnimmt.