Gaspard de Prony «Nouvelle architecture hydraulique» (Paris: Didot, 1790-1796).
Erworben im Jahr 2022
Erworben im Jahr 2022
De Pronys «Nouvelle Architecture Hydraulique» ist eine umfassende Abhandlung in zwei Bänden, die bei ihrem Erscheinen einen neuen Massstab für den hydraulischen Ingenieurbau und die Hydraulikarchitektur setzte. Dieses Werk stellte eine Lücke in unserer Rara-Sammlung dar, weshalb die Eisenbibliothek 2016 bei verschiedenen Antiquariaten einen Suchauftrag platzierte. Nach sechs Jahren des Wartens wurde unsere Geduld mit zwei sehr gut erhaltenen Erstausgaben belohnt.
Der Autor, Gaspard de Prony, war ein begabter Mathematiker und Ingenieur, der sich bereits vor dem Ausbruch der Französischen Revolution einen beachtlichen Ruf erworben hatte. Mitten in den Wirren des Jahres 1790 wurde der erste der beiden Bände veröffentlicht. Dieses Buch und seine früheren Werke über die öffentliche Ingenieurskunst besiegelten seinen Status als einer der bedeutendsten technischen Modernisierer und Denker des Revolutionsstaates. Sein Ansehen war so gross, dass Napoleon Bonaparte, bevor er ein wichtiges technisches Projekt in Auftrag gab, immer gefragt haben soll: «Und was denkt de Prony?»
Die besondere Leistung von de Prony zeigt sich auch bei der Lektüre der «Nouvelle Architecture Hydraulique». Abgesehen von den Innovatoren war das allgemeine Ingenieurwesen zu seiner Zeit von Lösungen geprägt, die aus Gewohnheit und Tradition entstanden und eher durch Versuch und Irrtum verbessert wurden, als durch ein umfassendes Verständnis der Mechanik der zu lösenden Probleme. De Prony hingegen verfolgte einen sehr rationalen, gründlichen und grundlegenden Ansatz. Er stellte die Mathematik in den Mittelpunkt aller Überlegungen, wobei er von der Theorie ausging und das Problem auf einer grundlegenden Ebene definierte, bevor er die Lösung anhand der Ergebnisse zahlreicher mechanischer Berechnungen entwickelte.
Die vorgestellten Konstruktionskonzepte und Maschinen sind nicht immer seine eigenen, sondern diejenigen, die er bewertet und für förderungswürdig befunden hat. Auf diese Weise machte er seine Bücher unverzichtbar, da sie eine praktische Synthese von Theorien und Konzepten boten, die sonst nur auf viele andere Veröffentlichungen verstreut waren. In den Büchern werden die Toleranzen von Baumaterialien, wie z. B. Gesteinsarten, sowie mechanische und ingenieurtechnische Prinzipien aufgeführt, die auf der Analyse der Statik, Dynamik und Hydrodynamik von Joseph-Louis Lagrange basieren. Ein Kapitel ist Maschinen und der Bewegung gewidmet, die auf den Arbeiten von Charles-Augustin de Coulomb und Johann Heinrich Lambert basieren.
Besondere Aufmerksamkeit wird den Dampfmaschinen gewidmet, die im zweiten Band von 1796 zusammen mit anderen technischen Apparaten in 53 grossformatigen Stichen detailliert abgebildet sind. De Prony leistete hier besonders originelle Beiträge zur Konstruktion von Dampfmaschinen, darunter ein auf Berechnungen basierendes Verfahren zur Ermittlung der Ausdehnungskraft einer in Bewegung gesetzten elastischen Flüssigkeit. Diese Berechnungen ermöglichten ein besseres Verständnis der Leistung von Dampfmaschinen und waren eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung leistungsfähigerer Maschinen, die die Mechanisierung im folgenden Jahrhundert vorantreiben sollten.
Beide Bände bilden de Pronys eigene Revolution ab, indem er eine Innovationskultur förderte, die hohe Wissenschaft mit einem angeborenen Pragmatismus verband, um den Prozess der Herstellung praktischer technischer Lösungen neu zu gestalten. In gewisser Weise war seine Methode ein Vorläufer des Design Thinking. Sie schliessen eine wichtige Lücke in der Sammlung der Eisenbibliothek, und zusammen mit Werken von Agricola und Ramelli bis hin zu Jacob Leupold, Bernard Forest de Bélidor und Caspar Walter stellen einige der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte und Entwicklung der Wasserbaukonzepte dar.