In der zweiten Hälfte meines einjährigen Praktikums in der Eisenbibliothek und im GF-Konzernarchiv schrieb ich nebenbei an meiner informationswissenschaftlichen Masterarbeit. Da ich mich dadurch inhaltlich auch mit der Geschichte der Lexika – von den Editionen des 18. Jahrhunderts bis zur Wikipedia – beschäftigte, fiel meine Aufmerksamkeit auf ein Buch, welches 1704 veröffentlicht worden war und das sich heute in einem der Bücherregale des Ernst Müller-Zimmers befindet.
Dessen Autor, John Harris (1666–1719), Londoner Geistlicher und Hobby-Mathematiker, kann als Pionier der alphabetisch geordneten wissenschaftlichen Enzyklopädie gesehen werden. Harris lebte in einer der wichtigsten Perioden des akademischen Fortschritts. Er stützte sich vor allem auf die Forschungen seiner fähigen Zeitgenossen (z.B. Sir Isaac Newton) in den wissenschaftlichen Bereichen und versuchte bewusst, die «modernen» Fortschritte zu beschreiben. Somit gelang es Harris, die erste Enzyklopädie in zwei Bänden (Band zwei erschien 1710) zusammenzustellen, die im Allgemeinen aktuell, umfassend und detailliert, wie im Titel erwähnt, zu den Themen Technik und Wissenschaften Auskunft geben. Das Werk beinhaltet unter anderem Einträge zu Recht, Chirurgie, Anatomie, Geometrie und Mathematik, Festungsbau, Botanik und Musik. Wer denkt, dieses «urzeitliche» Lexikon beinhalte nur Textpassagen, irrt sich. Detaillierte Abbildungen – über den menschlichen Knochenbau bis zu geometrischen Körpern – ergänzen das Werk und erhöhen den Bildungswert dieses Lehrmittels.
Harris’ Werk hatte auch Vorbildcharakter für andere hochgelobte spätere europäische Enzyklopädien: Ephraim Chambers’ Cyclopaedia (1728, England) und Denis Diderots und Jean le Rond d’Alemberts Encyclopédie (1751–1780, Frankreich), welche übrigens auch beide in der Sammlung der Eisenbibliothek zu finden sind.